Geschätzt eine Tonne Müll fließt jeden Tag den Rhein hinunter Richtung Nordsee. Dieser Müllflut haben wir dem Kampf angesagt. Nicht nur zu Land, auch zu Wasser. Seit September 2022 schwimmt deshalb unsere „Rheinkrake“ auf Höhe der Zoobrücke im Rhein. So wollen wir nicht nur Müll abfangen bevor er im Naturschutzgebiet Wattenmeer landet, sondern auch wichtige Daten zur Beschaffenheit der Müllflut sammeln.


Vom Entwurf zur fertigen Konstruktion
Das Konzept nach Londoner Vorbild ist einfach: Ein Fangkorb, der zwischen zwei Schwimmkörpern befestigt und entgegen der Fließrichtung geöffnet ist. Das Ganze dann strategisch so in der Strömung platziert, dass möglichst viele Abfälle in die Falle schwimmen und eingesammelt werden können. Eine 1:1 Kopie der britischen Konstruktion war jedoch nicht möglich. Zum einen stellt der Rhein mit seiner Strömung und Fließgeschwindigkeit ganz andere Voraussetzungen an die Konstruktion als die Themse. Zum anderen hatten wir den deutschen Amtsschimmel ein wenig unterschätzt. Fast 2,5 Jahre dauerte der Genehmigungsprozess und der Gang durch die verschiedenen Ämter. Immer wieder verzögerte sich das Projekt, während wir teilweise wochenlang auf Antworten der Beamten warteten. Gleichzeitig ließen die Pandemie und im Suezkanal feststeckende Schiffe die Stahlpreise weiter in die Höhe schießen. Doch mit uns glaubten auch die Kölnerinnen und Kölner an das Projekt und so konnten wir immer wieder neue Förderer, Sponsoren und Spender:innen aus der Zivilgesellschaft gewinnen und das schlussendliche Projektbudget von ca. 160.000 € aufbringen. So ist die Rheinkrake ein Projekt von Kölnerinnen und Kölnern für Köln und unseren Rhein.
Konstruiert wurde die Müllfalle „Rheinkrake“ zusammen mit dem Wasserbau-Ingenieurbüro Schumacher und gebaut in der LUX Werft in Niederkassel. Sie besteht aus zwei 10,30 Meter langen Schwimmkörpern und ist 4,70 Meter breit. Zwischen den Schwimmkörpern befinden sich zwei in die Strömung geöffnete Fangkörbe. Ein massiver Rechen am Bug hält großes Treibholz und Baumstämme davon ab in die Müllfalle zu gelangen.

Die zwei Fangkörbe (ohne Querwände) in der Werft
Die beiden Fangkörbe bestehen aus solidem Edelstahl. Sie sind 3 Meter breit, insgesamt 5,80 Meter lang, ca. 50 Zentimeter tief im Wasser und nur locker mit den Schwimmkörpern verbunden. So können Sie bei Bedarf einfach per Kranschiff herausgehoben werden. In Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde und befreundeten Naturschutzverbänden haben wir die Müllfalle so konstruiert, dass weder Fische noch Vögel gefährdet sind. Während Boden, Seitenwände und der obere Teil der Querwände engmaschig sind, ist der untere Teil der Querwände etwas grobmaschiger. So kann der an der Oberfläche schwimmende Müll abgefangen werden, während Fische – die zu klein sind, um lange genug gegen die Strömung anzuschwimmen – einfach durch den unteren Teil der Querwände hinaus tauchen können.
Die Müllfalle „Rheinkrake“ schwimmt linksrheinisch, nördlich der Kölner Zoobrücke (Rheinkilometer 690,3). Dort ist die Strömung aufgrund der Rheinbiegung strategisch günstig, um möglichst viel Abfall abzufangen. Sie ist mit einem 1,5-Tonnen-Buganker sowie einem 750-Kilo-Heckanker fest und auf Dauer verankert. So bleibt sie stets sicher außerhalb der Fahrrinne und stellt kein Hindernis für die Berufsschifffahrt dar. Gleichzeitig sind die Ankerketten so geplant, dass sich die Rheinkrake an unterschiedliche Pegelstände anpassen kann und selbst Hochwasser kein Problem darstellt.

Arbeitsschiff Doris hilft bei der Verankerung der Rheinkrake
Wir möchten den Müll nicht nur einfangen und davon abhalten, in der Nordsee zu landen, sondern unseren Fang auch dokumentieren und wissenschaftlich auswerten. Deshalb haben wir eine Kooperation mit der Universität Bonn geknüpft. Zusammen mit Mitarbeiter:innen der Uni haben wir ein Klassifikationsschema erstellt, nach dem wir den Müll sortieren und dokumentieren. Mindestens alle zwei Wochen werden wir die Müllfalle händisch vom Boot aus entleeren und den Müll an Land bringen. Dort stehen uns zwei von der Häfen und Güterverkehr Köln AG und der Volksbank Köln/Bonn gesponserte Arbeitscontainer, nicht weit vom Mülheimer Hafen, zur Verfügung.
Wir hoffen, auf diese Weise eine Langzeitstudie zum Plastikmüll im Rhein durchführen zu können. Aus den Ergebnissen lassen sich dann weitere Handlungsempfehlungen für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft ableiten.
Beim Monitoring können wir auch noch tatkräftige Unterstützung gebrauchen (bei Interesse könnt Ihr gerne über den untenstehenden Button Kontakt zu unserer Teamleiterin Melanie aufnehmen).

Der ausgewertete Müll aus einer Entleerung (bei niedrigem Rheinpegel)
Wenig überraschend gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Rheinpegel und der gefangenen Müllmenge in unserer Rheinkrake. Wenn der Pegel steigt, wird der von Menschen am Ufer liegen gelassene Müll in den Fluss gespült und landet schließlich bei uns. Ebenfalls erwartet haben wir, dass der Großteil der eingesammelten Müllteile aus Plastik bestehen (fast 70 %).
Für uns unerwartet war hingegen die große Menge an Müll, welcher scheinbar direkt von der Binnenschifffahrt im Rhein versenkt wird. Dies umfasst zum einen gastronomische Gr0ßverpackungen wie z.B 10-kg-Eimer mit Ketschup und zum anderen Müll aus den Anker- und Heimatländern der Schiffsbesatzungen. Die Cola-Flasche mit niederländischem Etikett oder der polnische Schokoriegel.
Hinzukommt das große Problem mit aus der Industrie stammenden Plastikpellets. Diese stecknadelkopfgroßen Plastikteile sind der Rohstoff (quasi das Mehl) der Plastikverarbeiter. Bei uns in der Müllfalle landen sie als Beifang. Der Fangkorb ist eigentlich nicht dafür ausgelegt dieses Mikroplastik zu fangen. Wenn sich jedoch viel Biomasse in Form von Ästen und Blättern in der Müllfalle sammelt, kleben die kleinen Plastikteile zu Tausenden dazwischen. Obwohl das Problem seit Jahren grundsätzlich bekannt ist, hat das konkrete Ausmaß uns schockiert.
UNSERE PROJEKTFÖRDERER

